Brennpunkt Nachhaltigkeit

In der stratum lounge treffen Menschen auf Themen, Worte auf Emotionen, Autor(inn)en auf Leser(innen). Hier bildet sich der aktuelle Nachhaltigkeits-Diskurs ab und Transformationswissen wird lebendig. Diskutieren Sie mit, um die Welt zu verstehen. Bilden Sie sich eine Meinung oder lassen Sie sich verunsichern. Helfen Sie mit, die Dinge auf den Punkt zu bringen.

Im Podcast bringen wir die Themen noch einmal auf den Punkt.



Im Griff des Digitalkapitalismus – Gefährdet Datenmacht die Freiheit?

Am 05.03.2025 um 19 Uhr in der stratum lounge

Wir leben längst in einer Epoche des Kapitalismus, die sich um digitale Technologien und Daten herum aufbaut. Der Techniksoziologe Felix Sühlmann-Faul spricht von Digitalkapitalismus. Er sieht darin die Steigerung eines menschenverachtenden Verwertungsinteresses, das den Kapitalismus seit je bestimmte: „Was zuvor die Anpassung des Arbeitstaktes an die Dampfmaschine und später an die Geschwindigkeit der Laufbänder war, ist heute algorithmisches Management“.

 

Der Unterschied besteht allerdings darin, dass heute die beiden Seiten des Systems – die Tech-Konzerne und die App-Nutzer – einen auch für beide Seiten lukrativen Deal verabredet zu haben scheinen: kostenlose Apps und Dienste gegen persönliche Daten. Sühlmann-Faul sieht die Nutzer vom Amazon, Facebook, Google & Co. deshalb als Gefangene in einem goldenen Käfig und nennt sein aktuelles Buch „Der goldene Käfig des Digitalkapitalismus“.

 

Die permanente „Datenspende“ durch die App-User betrifft jedoch nicht nur persönliche, sondern meist auch „personenbezogene Verhaltens- und Metadaten, die wir unwillentlich und nicht spürbar bei jeder Nutzung des Internets oder von digitalen Endgeraten erzeugen“. Und dadurch erhalten die Tech-Konzerne eine Machtfülle, die ihre Schattenseiten hat, weil sie unsere Freiheits- und Persönlichkeitsrechte einschränkt. Felix Sühlmann-Faul befürchtet u.a.

  • die Marginalisierung von Sprachen: „Ein Großteil der Inhalte ist englischsprachig und stammt aus den USA und Westeuropa, was einen selbstverstärkenden Effekt von Ungleichheit erzeugt. 80 % der Inhalte des Internet sind 'weiß und westlich'.“
  • die Dehumanisierung von Entscheidungsprozessen, die durch den Einsatz künstlicher Intelligenz und die Verarbeitung von Big Data in automatisierten Prozessen entsteht; das verhindert nicht nur, dass Betroffene diese Prozesse nicht mehr nachvollziehen, geschweige denn beeinflussen könnten; es unterminiert auch die Privatsphäre und leistet Menschenrechtsverletzungen Vorschub. Der Autor zitiert einen Beispielfall: „Datenspuren wurden 2022 einer 17-Jahrigen in Nebraska zum Verhängnis, da der Meta-Konzern den Behörden u. a. durch Herausgabe von privaten Chatnachrichten Beweismittel lieferte. Das Mädchen hatte ihre Schwangerschaft mittels einer Abtreibungspille abgebrochen und wurde deswegen angeklagt.“
  • die Erosion des öffentlichen Sektors, indem „die Anpassung an die technikdeterministische Ideologie der Tech-Konzerne zum Beispiel beim Thema Gesundheitsdaten in Kombination mit der Unterfinanzierung öffentlicher Bereiche eine explosive Mischung [erzeugt], die es den Tech-Konzernen zusätzlich einfach macht, öffentliche Bereiche zu übernehmen und ihren Einfluss geltend zu machen.“ In den USA bestehe ja bereits heute schon eine enge Beziehung zwischen dem Staat und der Tech-Branche, die Technologien für staatliche Überwachung bereitstellt. 

Letztlich stelle diese Entwicklung eine grundlegende Gefahr für die nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft dar. Sühlmann-Faul schreibt: „Vernachlässigen wir heute den Datenschutz, sehen wir ihn als lästig oder unnütz an, bedeutet das, dass künftige Generationen mit zunehmend weniger Grundrechten aufwachsen.“

 

Was wäre zu tun? Dass es systemisch betrachtet „eigentlich“ kein Entrinnen aus dem goldenen Käfig des Digitalkapitalismus gibt, ist dem Techniksoziologen bewusst, auch wenn er scherzhafterweise den Vorschlag für einen „geschlossenen Abzug der Bundesregierung zumindest von Twitter und Facebook“ ins Spiel bringt. Nein, was wir tun können, liegt allein bei jedem Einzelnen selbst: „Wir sind darauf zurückgeworfen, uns um unseren Datenschutz selbst zu kümmern und unsere Privatsphäre, so gut es eben unter den polit-ökonomischen Randbedingungen möglich ist, zu schützen.“ Dafür macht der Autor einige sehr praktische Vorschläge und stellt mit dem PRIVA SCORE eine von ihm selbst entwickelte Datenschutz-Ampel vor.

 

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